Jedes Jahr wird am 08. März der Weltfrauentag gefeiert. Ursprünglich sollte damit auf das Frauenwahlrecht und die Emanzipation der Frauen aufmerksam gemacht werden. Inzwischen leben wir im Jahr 2020 und noch immer gibt es große, feststellbare Unterschiede zwischen Männern und Frauen, unter anderem bei Angestelltenverhältnissen im Berufsalltag.
Gegen die Ungleichstellung in Frankfurt
Dabei ist die Stadt Frankfurt bereits im Jahr 2013 gegen diese Unterschiede zwischen Mann und Frau vorgegangen, indem in Richtlinien festgehalten wurden, etwas Grundlegendes gegen die Ungleichstellung von Frauen und Männer in städtischen Unternehmen zu tun. An diese Richtlinien müssen sich die städtischen Unternehmen halten. Außerdem muss es einen jährlichen Bericht darüber geben, wie der aktuelle Stand hinsichtlich der Beschäftigung von Männern und Frauen in dem jeweiligen Unternehmen ist. Das Ziel der Erhöhung des Frauenanteils wurde sogar im sogenannten Public Corporate Governance Kodex der Stadt Frankfurt verankert. Dieser Kodex sieht die Verbesserung der Unternehmenssteuerung, -überwachung und -transparenz vor. Ich freue mich sehr über diese Schritte, denn sie sind auf dem Weg zu mehr Gleichstellung dringend nötig gewesen!
Wer hat in Unternehmen das Sagen?
Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass generell das Verhältnis von Männern und Frauen in Unternehmen innerhalb von Deutschland immer noch sehr ungleich ist. Auf den ersten Blick fällt bei den meisten Unternehmen der Unterschied zwischen dem Anteil an Männern und Frauen nicht sonderlich groß aus. Ich muss jedoch feststellen, dass dieser Unterschied in solchen Berufsgruppen besonders groß ist, in denen vor allem früher auch eher Männer gearbeitet hatten. Darüber hinaus ist es auch auffällig, dass das Ungleichgewicht bei steigenden Positionen, vor allem Leitungs- und Führungspositionen, immer höher ausfällt. Sprich: Je höher die Position innerhalb des Unternehmens ist, desto höher der Männeranteil. Die Spitze eines Unternehmens wird also auch noch heute fast ausschließlich von Männern: 90,7% der Vorstandsmitglieder der 160 deutschen Börsenunternehmen sind Männer und nur 9,3% sind Frauen. Unser Problem ist also die so genannte gläserne Decke. Ich frage mich, wieso es kaum eine Frau in die oberste Führungsetage schafft und habe festgestellt, dass es hierfür Gründe gibt:
Schluss mit „gläsernen Decken“!
Werfen wir zunächst einmal einen Blick zurück in das Jahr 2015. Auf Initiative der Bundes-SPD ist damals das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst in Kraft getreten. Das Gesetz soll den Anteil von Frauen in Führungspositionen stark verbessern und ist eine wichtige Maßnahme für mehr Chancengleichheit in der Arbeitswelt. Festgeschrieben ist seitdem eine Frauenquote von 30% für Aufsichtsräte. Außerdem wurden börsennotierte Unternehmen verpflichtet, Angaben und Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festzulegen. Ich bin erfreut, dass sich seitdem etwas getan hat: Der Frauenanteil in den Vorständen der 160 deutschen Börsenunternehmen ist von 2018 auf 2019 um 1,3% gestiegen. Leider ist das immer noch viel zu gering. Mit dem aktuellen Tempo würde es beispielsweise noch 22 Jahre dauern, bis ein Frauenanteil von 40% in den Vorständen erreicht werden würde.
Das „Thomas-Prinzip“ bei Vorstandsmitgliedern
Wie ich bereits erwähnte, durchstoßen Frauen weiterhin selten die sogenannte gläserne Decke. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. Einer dieser Gründe sticht allerdings so stark hervor, dass er sogar einen prägnanten und fast schon selbsterklärenden Namen bekommen hat: das „Thomas-Prinzip“. Dieses Prinzip beschreibt ein Muster, nach dem Mitarbeitende in hohen Positionen ausgewählt werden: Vorstandsmitglieder werden immer noch am häufigsten nach den Kriterien – Alter: Mitte fünfzig, Geschlecht: männlich, Herkunft: westdeutsch und Ausbildung: Wirtschaftswissenschaftler ausgesucht. Weshalb ist das so? Weil genau diejenigen, die neuen Vorstandsmitglieder auswählen, die selbst diesen Kriterien entsprechen. Das ist also ein verflixter Teufelskreis!
Ist Fürsorgearbeit gleich Frauenarbeit?
Darüber hinaus stelle ich fest, dass ein weiterer Grund für die Benachteiligung in Führungspositionen auch dadurch aufkommt, dass die so genannte Care-Arbeit, also die Fürsorgearbeit zu Hause und in der Familie, auch heutzutage weiterhin von Frauen erbracht wird. Frauen leisten insgesamt täglich eine Stunde und 27 Minuten mehr solcher Arbeiten zu Hause als Männer! Und gerade weil Kindererziehung und Kinderbetreuung immer noch mehrheitlich durch Frauen übernommen wird, halten sich Männer wegen ihrer Berufsbiographie ohne Unterbrechung durch Elternzeit und familiär begründeter Beurlaubungen für die besseren Kandidaten, wenn es um die Besetzung einer Führungsfunktion geht. Und genau hier stoßen Frauen wiedermal an die gläserne Decke.
Ausblick bis zum Jahr 2025
Große Hoffnung setze ich auf Basis dieser Ausgangslage in die Pläne von Familienministerin Franziska Giffey und Justizministerin Christine Lambrecht (beide SPD). Bis Ende des Jahres 2025 sollen in den wichtigsten Führungspositionen der 24 wichtigsten Staatsunternehmen ein Anteil von insgesamt 50 % Frauen sitzen. Außerdem soll die 30-Prozent-Frauenquote für Aufsichtsräte auf mehr Unternehmen ausgeweitet werden: Es sollen sich also nicht nur große Unternehmen an der Börse an die Vorgabe halten, sondern künftig soll die Zahl auf insgesamt 600 Unternehmen steigen, die diese Quote erfüllen müssen – unabhängig davon, ob sie an der Börse notiert sind oder nicht. Ich baue auf die Wirkung dieses hoffentlich bald verabschiedeten Gesetzes. Nicht nur unsere städtischen Gesellschaften in Frankfurt, sondern auch im Allgemeinen der Öffentliche Dienst und auch die Wirtschaft in Form von Großunternehmen der Privatwirtschaft müssen noch stärker mit gutem Beispiel vorangehen, so dass diese Ungleichheit bald der Vergangenheit angehört.
Ich wünsche abschließend allen Frauen einen tollen und kämpferischen internationalen Frauentag!