Ein Beitrag von
Ihre Stadtverordnete für die Ausschüsse Soziales und Gesundheit sowie Wirtschaft, Recht und Frauen
Bei Armut denken wir an Afrika, Lateinamerika und Asien. Dort haben insbesondere Mädchen und Frauen noch immer nicht die gleichen Rechte und Möglichkeiten wie Jungen und Männer. Oft müssen wir mit unserem Blick aber gar nicht in die Ferne schweifen. Auch in Frankfurt wachsen viele Kinder – unter ihnen viele Mädchen – in Armut auf. Das finde ich immer wieder erschreckend und nicht hinnehmbar.
Was ist der Welt-Mädchentag?
Jedes Jahr am 11. Oktober findet der Welt-Mädchentag statt. Er wurde von den Vereinten Nationen (UNO) ins Leben gerufen und soll weltweit auf Benachteiligungen und schwierige Situationen von Mädchen und jungen Frauen aufmerksam machen. Denn gerade sie haben im Vergleich zu Jungen keinen gleichberechtigten Zugang zu Bildung. Sie werden stattdessen in vielen Ländern aufgrund der Kulturen, Bräuche und Religionen zwangsweise verheiratet, erleben viel sexuelle Gewalt und werden sehr jung schwanger. All dies hindert Mädchen und junge Frauen daran, selbstbestimmt und frei leben zu können.
Am Welt-Mädchentag sollen Kampagnen auf die Situationen und Schicksale der Mädchen aufmerksam machen, so dass sie die Chance auf Bildung bekommen, gefördert werden und nicht in einer Zwangsehe oder unter Gewalt leben müssen.
Kinderarmut in Frankfurt
Auch in Frankfurt wachsen viele Kinder – unter ihnen viele Mädchen – in Armut auf: Im Jahr 2020 lebten laut Jugendamt rund 18.600 Kinder bis 14 Jahren von Hartz IV. Das Risiko von Kindern, in Armut zu leben, steigt mit einem oder mehreren der folgenden fünf sozialen Merkmale:
- das Elternteil ist alleinerziehend
- die Eltern haben keine gute Bildung
- die Familie hat einen Migrationshintergrund
- die Eltern haben mehr als drei Kinder
- die Familie lebt in einem sozial schwachen Stadtteil
Das bedeutet, dass Armut „sozial vererbt“ wird. Kinder aus solchen Familienverhältnissen haben oftmals nicht die gleichen Chancen auf ein unbeschwertes Leben wie beispielsweise Kinder aus reicheren Familien. Sie leben in einer sogenannten „Defizitären Lebenslage“. Also im Vergleich zu einer durchschnittlichen Familie fehlt es diesen Kindern an materiellen Gütern, beispielsweise einem Schreibtisch und Computer mit Zugang zu Internet. Die Nachteile aufgrund dieser fehlenden Güter wurden vor allem während der Corona-Pandemie sichtbar. Es fehlt aber auch an immateriellen Gütern. Das sind unter anderem der Zugang zu höherer Bildung, zu sozialen Angeboten oder auch der Zugang zum Gesundheitssystem in Deutschland. Dieser Mangel führt auch hierzulande zu geringeren Zukunftschancen. Besonders davon betroffen sind auch in Deutschland eher die Mädchen und jungen Frauen.
Gleichberechtigung ist auch in Frankfurt nicht selbstverständlich
Ich muss Sie leider enttäuschen, wenn Sie denken, dass es in Deutschland oder Frankfurt wenig(er) Kinderarmut gebe und Jungen und Mädchen gleichbehandelt würden. Wir haben uns unter anderem in unserem Koalitionsvertrag in Frankfurt unter allen regierenden Parteien geeinigt, dass Gleichberechtigung, auch was die sogenannte „Soziale Inklusion“ anbelangt, besondere Aufmerksamkeit erfordert:
Wir fördern Mädchen und Frauen, bauen Hürden ab und stärken ihre Beteiligung in der Frankfurter Stadtgesellschaft. So sollen sie Unterstützungsangebote bekommen, bei Fragen zu ihrer (Aus-) Bildung, oder bei der Gründung und Finanzierung eines eigenen Unternehmens. Ihnen soll es genauso möglich sein, eine Ausbildung als Tischlerin zu machen als auch ein Studium in Naturwissenschaften abzuschließen. Mädchen sollen nachmittags zum Fußball oder Kickboxen gehen können und abends sollen sie sich allein und sicher bewegen können.
Sie brauchen Anlaufstellen, bei denen sie sich Hilfe suchen können nach erlebter (sexueller) Gewalt. Einrichtungen, die dem Schutz und der Vorbeugung geschlechtsspezifischer Gewalt dienen, fördern wir als Stadt finanziell.
Wir starten darüber hinaus Kampagnen, die öffentlich auf die Rechte der Mädchen und Frauen aufmerksam machen sollen. Das finde ich in der heutigen Zeit sehr sinnvoll, denn so können wir auch die Mädchen und Frauen erreichen, die nicht täglich Zeitung lesen oder beispielsweise aus dem eigenen Umfeld auf solche Angebote aufmerksam gemacht werden.
Auch achten wir beispielweise auf eine ausgewogene Besetzung bei Veranstaltungen und Podien. Damit geben wir Frauen mehr Raum für Gespräche und Diskussionen und stärken ihre öffentliche Wahrnehmung.
Ein wichtiger Punkt ist noch, dass junge Frauen, die sich empfängnisverhütende Mittel nicht leisten können, finanzielle Unterstützung für Mittel gegen ungewollte Schwangerschaften bekommen.
Das sind nur ein paar Projekte, die wir in den kommenden Jahren umsetzen wollen. Es gibt viel zu tun, aber wir können damit einiges bewegen, denn Mädchen und junge Frauen sollen in unserer Stadt keine soziale Ausgrenzung erfahren. Ein sozialer Austausch und die Beteiligung am täglichen Leben und an gesellschaftlichen Prozessen soll für sie genauso möglich sein wie für alle anderen.