Fußball ist Kultur und keine Geldmacherei

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2. Geschäftsführer und Ihr Stadtverordneter für die Ausschüsse Controlling und Revision, Hauptausschuss und Finanzen sowie Planen, Wohnen und Städtebau

Die Liebe zum Fußball

Wenn ich meine Freunde und Bekannte frage, warum Menschen Fußball so lieben, bekomme ich häufig die gleiche Antwort: „Weil man vorher nicht weiß, wie es ausgeht. Weil man nie weiß, was passieren wird.“ Die Fans lieben das Spiel an sich. Nicht die Vermarktung steht im Vordergrund, sondern der Sport, die Tradition und die Fußballkultur begeistern die Massen – es ist das Spiel an sich. Dabei stelle ich aber auch fest, dass nur ein Team die letzten sieben Deutschen Meisterschaften gewonnen hat und auch in dieser – aktuell unterbrochenen – Spielzeit Tabellenführer ist. Nicht ganz zufällig handelt es sich dabei um den mit großem Abstand finanzstärksten Club Deutschland: Bayern München. Müsste ich deswegen nicht zu dem Fazit kommen, dass das, was wir eigentlich am Fußball lieben, nicht mehr gegeben ist: das Nichtvorhersehbare, die Spannung, die Abwechslung beim Spiel? Fühlen wir das noch, wenn es fast absehbar ist, welcher Verein am Ende Meister wird? Ich finde die aktuelle Pause im niemals stillstehenden Fußballgeschäft ist sehr gut geeignet, um mal über grundsätzliche Fragen nachzudenken und gewisse Dinge zu hinterfragen.

Probleme der Deutschen Fußball Liga (DFL) wegen Corona

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) ist der Zusammenschluss aller deutschen Profivereine. Sie vertritt die Interessen des deutschen Profifußballs. Wegen Corona sucht die DFL gerade nach Lösungen, um die aktuelle Saison regulär beenden zu können. Klar scheint, dass dies nur mit sogenannten Geisterspielen – also ohne Zuschauer – klappen kann. Auch ist es derzeit nicht möglich, einen sicheren Zeitplan für den weiteren Ablauf aller Spiele aufzustellen. Daher muss man davon ausgehen, dass der Wiederbeginn der Spiele immer wieder in kleinen Schritten nach hinten verschoben wird.

Ursprünglich war für diesen Sommer die Europameisterschaft geplant. Sie wurde bereits abgesagt. Ein weiteres Problem scheint auch zu sein, dass standardmäßig am 30. Juni jeden Jahres viele Spielerverträge enden. Deswegen diskutiert die DFL, ob es deswegen möglich ist, in einem Zeitsparenden, so genannten Playoff-Modus, die verbleibenden Spiele auszutragen. Das würde den aufwändigen und länger andauernden Ligabetrieb deutlich verkürzen. Vergleichbar ist dieser Playoff-Modus mit dem Spielsystem bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft. In anderen Sportarten ist dieser Modus ganz normal.

Was beschäftigt die Vereine in dieser Zeit?

Während die DFL alles in Bewegung setzt, um die Spiele, aber vor allem auch circa 120.000 Arbeitsplätze zu retten, wird in vielen Vereinen über ganz andere Themen nachgedacht. Ich finde es bemerkenswert, dass plötzlich ganz offen über sämtliche Tabuthemen im Profifußball diskutiert wird. Beispielsweise über eine Einkommensgrenze, quasi eine Deckelung der gigantischen Fußballergehälter. Diese würde nicht durch den Markt – also Angebot und Nachfrage – bestimmt werden. Diese Gehaltsobergrenze gibt es übrigens bereits. Ausgerechnet in den durchkommerzialisierten US-amerikanischen Profiligen ist der so genannte „Salary Cap“ weit verbreitet! Ein weiterer Diskussionsansatz ist die gerechtere Verteilung der TV-Einnahmen. Die DFL hat derzeit die TV-Rechte für die kommenden Jahre ausgeschrieben. Diese Einnahmen für die Übertragung der Spiele im Fernsehen übertreffen bei weitem die Einnahmen aus dem reinen Ticketverkauf. Die angedachten Geisterspiele wären daher nicht das große Problem. Vielmehr müsste man für das Fernsehen spielen, damit die Deutsche Fußball Liga weiter zu ihren Einnahmen kommt. In diesen Tagen kommt darüber hinaus auch eine immer wieder beliebte Diskussion im Fußball wieder auf: Die Aufhebung der 50+1-Regel. Das bedeutet, dass Investoren keine Mehrheitsbeteiligung haben dürfen. Mit dieser Regelung bringt sich die Liga um weitere Einnahmen. Kein Wunder, dass die derzeitige Krise ein guter Zeitpunkt für Investoren ist, um mit viel Geld für eine Aufhebung dieser 50+1-Regel zu werben.

Fußball ist Kultur

Das Geschäft des Profifußballs und die Fußballkultur stehen meines Erachtens in einem erheblichen Widerspruch. Das sieht man zuletzt an den Protesten von Fans und Amateurfußball gegen die Kommerzialisierung ihres geliebten Sports. Fanfreundliche Anstoßzeiten und Ticketpreise, die solidarische Verteilung der TV-Gelder oder die Beibehaltung der 50+1 Regel – der gesellschaftliche Druck hat die Profivereine zu einer gewissen Mäßigung gezwungen. Trotzdem boomt das Fußballgeschäft. Der reine Fußball hat sich von der Gesellschaft entfernt: viel zu hohe Spielergehälter (Stichwort: vergoldete Steaks…), Weltmeisterschaften in fußballfremden Ländern, wie Russland und Katar, Korruption bei Fifa und UEFA und übertriebene Vermarktung. Fußball an sich ist aber kein Geschäft – es ist Kultur! Er begeistert Millionen von Menschen – darunter viele Kinder und Jugendliche. Ich wünsche mir, dass die Kinder für die traditionellen Werte dieses Sports einstehen und nicht den Werten des geldmachenden Fußballgeschäfts nacheifern.

Wie könnte der Profifußball nach Corona aussehen

Ich bin überzeugt davon, dass das Virus dem Fußballspiel an sich nichts anhaben kann. Fußball ist quasi immun gegen Corona. Das Geschäftsmodell des Profifußballs ist es aber keineswegs. Ich finde es bedenklich, dass schon eine kurze Pause und der Stopp des gewaltigen Geldflusses die Vereine vor existenzielle Fragen stellt. Jetzt mag man feststellen, dass es vielen Selbstständigen und Kleinunternehmern genauso ergeht. Umso erstaunlicher finde ich es hierbei, wie schnell die Vereine eines solchen Milliardenbusiness beim Profifußball so schnell in Bedrängnis geraten. Ich kann dabei nicht ausschließen, dass der ein oder andere Verein die Krise nicht unbeschadet überstehen wird. Aber eines ist sicher: Der Fußball an sich wird die Krise überstehen. Die gesamte Fußballbranche ist aber gefordert, den Fußball wieder zu den Werten zurückzuführen, die ihn so tief in der Gesellschaft verankert haben!

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