Mannheim hatte den ersten Nachtbürgermeister in Deutschland, Wiesbaden hat einen und Mainz seit neuestem auch. Frankfurt wartet seit 2019 immer noch auf den Nachtbürgermeister oder die Nachtbürgermeisterin.
Warum braucht es Nachtbürgermeister?
Ich bin zum ersten Mal Ende 2018 auf diese Rolle aufmerksam geworden, als ich in einem Magazin über den Nachtbürgermeister von Amsterdam las. Für Frankfurt schien mir so eine Person auch wichtig und notwendig: Bereits damals gab es Konflikte zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern und Feiernden am Friedberger Platz. Für Alt-Sachsenhausen stellen Partygäste besonders am Wochenende eine Herausforderung dar, die Altstadt war nach der Eröffnung auf einmal viel zu voll, im Bahnhofsviertel war es auf einmal zu laut, zu voll und zu dreckig und auf der Hanauer Landstraße hat ein Club nach dem anderen zugemacht.
Gute Bedingungen für Party- und Clubszene
Eine Stadt wie Frankfurt lebt nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht. Eine pulsierende Szene mit Clubs, Diskotheken, kulturellen, sozialen und kreativen Begegnungen macht eine Stadt erst besonders und zu einem Publikumsmagneten. Die Clubszene muss gute Bedingungen vorfinden – ohne große Gängeleien von städtischer und politischer Seite, Diskotheken, Bars und Clubs zu eröffnen und zu betreiben. Verändern sich die Rahmenbedingungen, müssen neue Partykonzepte her, so dass andere oder mehr Kultur angeboten wird: Ausstellungen, Theater und Konzerte.
Die Szene muss gut erreichbar sein und sollte nicht in Wohngebieten liegen, in denen die Anwohnerinnen und Anwohner morgens zur Arbeit müssen. Wenn sich neue Partyorte finden, gilt es zu vermitteln zwischen der Partyszene, der Verwaltung/Politik und den Menschen, die dort wohnen.
Nachtbürgermeister – die Kümmerer, wenn viele schon schlafen
Konkret sollen Nachtbürgermeister vermitteln zwischen Kulturschaffenden, Veranstaltenden, Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Politik und Verwaltung und dadurch das Frankfurter Nachtleben beleben. Konflikte sollen abgemildert oder verhindert werden und alle sollen eine zentrale Ansprechperson bekommen. Ordnungspolitik spielt eine Rolle, aber vorrangiges Ziel ist es, der Streiter oder die Streiterin für eine aktive Nachtszene zu werden.
Wie kommt Frankfurt zur Nachtbürgermeisterin oder zum Nachtbürgermeister?
Ich stelle mir vor, dass eine Nachtbürgermeisterin oder einen Nachtbürgermeister zunächst für ein Jahr in Frankfurt eingesetzt wird. Die Arbeit soll nicht ehrenamtlich erbracht werden. Die erforderliche Summe dafür wurde bereits durch uns im Frankfurter Haushalt reserviert.
Mir wäre am liebsten, wenn eine Jury bestehend aus Kulturszene, Verwaltung, Politik sowie Bürgerinnen und Bürgern aus Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen eine Person ermittelt, die sowohl in der Szene ein Ansehen hat als auch durchaus weiß, wo man wen in der Verwaltung ansprechen muss – sollte es erforderlich sein.
Vor Ablauf des Projektes wird überprüft, ob die Nachtbürgermeisterin/der Nachtbürgermeister die Anforderungen an die Rolle erfüllt hat – also persönliche Eignung, Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung, und ob es schon spürbare Veränderungen gibt. Sind Anpassungen bei der Stellenbeschreibung oder anderen Dingen notwendig, sollten diese erfolgen. Ich streite ausdrücklich dafür, dass es auch nach Ablauf der Projektzeit einen Nachtbürgermeister oder eine Nachtbürgermeisterin gibt.
Braucht der Nachtbürgermeister Hilfe aus der Verwaltung?
Die Nachtbürgermeisterin oder der Nachtbürgermeister braucht eine Schnittstelle zur Verwaltung: An wen kann er oder sie sich wenden und bei Bedarf Hilfe erhalten – sei es durch das Kulturdezernat, das Ordnungsamt oder andere Ämter auf städtischer Seite oder durch die Polizei. Da der Nachtbürgermeister hauptsächlich nachts oder am späten Abend arbeitet, sollten die Ansprechpartner in der Verwaltung auch außerhalb der gewohnten Sprechzeiten erreichbar sein so dass Entscheidungen rückgekoppelt werden können.
Corona und ein Nachtbürgermeister
Das Coronavirus hat auf einen Schlag die Kulturszene zum Erliegen gebracht. Seit März sind die Clubs geschlossen, es gibt keine großen Kulturveranstaltungen und keinen Fußball im Stadion. Private Treffen waren erst gar nicht, dann zu zweit und jetzt in kleinen Gruppen möglich.
Die Stadt vermüllt vor allem gerade durch die Krise zunehmend, im Bahnhofsvierteil haben die Drogenabhängigen keine Rückzugsmöglichkeiten mehr, und auf öffentlichen Plätzen finden Partys statt – zu viele Menschen, zu viel hinterlassener Müll und zudem auch Ausschreitungen und Krawalle gegen die Polizei.
Wie hilfreich wäre es, wenn schon jetzt ein Nachtbürgermeister oder eine Nachtbürgermeisterin im Amt wäre. Zusammen mit der Clubszene hätte überlegt werden können, wie die Szene wieder aufgeweckt werden könnte, beispielsweise durch kleine Partys in entsprechenden Hallen nach vorherigem Corona-Test und Hinterlegung der Personalien. Zusammen mit den Partygästen und den Ordnungsbehörden, die natürlich auf die Einhaltung der Verordnungen in der Viruskrise achten müssen, könnten im vermittelnden Gespräch die unterschiedlichen Interessen zusammengebracht werden – auch am Friedberger Platz oder am Opernplatz.
Auch Treffen unter freiem Himmel benötigen Regeln: Veranstalter, die die Verantwortung übernehmen, ausreichend Ordner, ein Hygienekonzept und vieles mehr. Hier könnten geeignete Freiflächen in Frankfurt oder große Parkplätze genutzt werden – so ein Veranstaltungskonzept hätte unter Federführung des Nachtbürgermeisters oder der Nachtbürgermeisterin erstellt werden können.
Leerstehende Hangars am Flughafen, der Parkplatz am Ratsweg oder an der Jahrhunderthalle – DJs, die auflegen und junge Menschen, die zusammen feiern – zu den Spielregeln des Veranstalters. Hier wurde durch Zögern des CDU-Ordnungsdezernenten eine Chance verpasst.
Es wird Zeit, dass der zuständige Dezernent Markus Frank den Nachtbürgermeister oder die Nachtbürgermeisterin einsetzt. Nach einem Jahr kann man schauen, ob die Aufgaben im Sinne der Idee erfüllt worden sind. Sollte man etwas ändern müssen, kann das erfolgen. Insgesamt wäre eine solche Funktion ganz klar zum Wohl der Allgemeinheit. Lieber eine Kerze anzünden, als nur vom Licht zu sprechen.